Eine besondere Rolle im Atonkult spielte Nofretete, die Große königliche Gemahlin Echnatons. Jeder Pharao bedurfte einer großen Königlichen Gemahlin, denn nur so blieb die Maat, die göttliche Ordnung gewahrt. Eine große königliche Gemahlin hatte bestimmte kultische Funktionen, sie konnte auch stellvertretend für den Pharao tätig werden, jedoch nie an seine Stelle treten. Mit Nofretete sollte sich das ändern. Wer war sie? Woher kam sie? Diese Fragen lassen sich nicht beantworten, ihre Herkunft liegt im Dunkeln. Mysteriös auch ihr Name: Er heißt übersetzt „Die Schöne ist gekommen.“ Viele Ägyptologen haben sich Gedanken über Nofretete gemacht, schlauer ist man dadurch aber nicht geworden. War sie Ägypterin? Wenn ja, aus welcher Familie stammt sie? Aus der Herrscherfamilie , oder aus einer bürgerlichen bzw. adeligen Familie? Oder ist sie eine Prinzessin aus einem der tributpflichtigen Fürstentümer in Kleinasien oder Palästina? Woher Nofretete auch immer gekommen sein mag, sie nahm an der Seite Echnatons eine wichtige Funktion wahr: Sie führte Riten für den Sonnengott aus, sogar unabhängig von dem Pharao. Und: Sie wurde mit dem Pharao gleichbedeutend dargestellt. Es gibt bestimmte Darstellungen, die nur einem Pharao zu eigen sind. Dazu gehört beispielsweise die symbolische Darstellung des Herrschers, der die Feinde Ägyptens mit einer Keule erschlägt. Dargestellt wird hier die Herrschaft des Pharaos, die Gewähr der Ordnung, die zugrunde ginge, würde man die Feinde Ägyptens nicht unter Kontrolle halten. Nie wurde eine königliche Gemahlin so dargestellt - bis auf Nofretete. Auch in ihrem Ornat unterschied sie sich von anderen Königinnen: Typisch war die Geierkrone, ein Diadem. Nofretete dagegen trug eine Krone, ähnlich der Krone Unterägyptens eines Pharaos. Der Grund für die bevorzugte Behandlung der Königin liegt im Atonkult verborgen. Nofretete war diejenige, durch deren liebliche Stimme und schönen Hände, die Musikinstrumente halten, der Aton sich ausruhen kann. Sie stand gemeinsam mit Echnaton an der Spitze des Staates, sie war für die kultische Verehrung Atons von erheblicher Bedeutung. Mit in die kultische Verehrung eingebunden wurden die sechs Töchter, die Nofretete ihrem Gemahl gebar. So wurden beide Elten mit den Kindern ein Symbol für den Schöpfergott Aton, das Glück und der Wohlgefallen Atons wurde in den Darstellungen der Familie wiedergegeben. Durch die Vermittlung der Familie selbst wurde den Betrachtern, also dem Volk, die Güte des Aton offenbar. Immer findet man auf Darstellungen der Amarnazeit das Bild des Pharao mit seiner Gemahlin und einer Tochter, die kultische Handlungen vornimmt - eine Vorwegnahme der heiligen Dreifaltigkeit, die königliche Familie als „Heilige Familie“? Das Schicksal der Nofretete ist unklar. Im 14. Regierungsjahr Echnatons verschwindet sie von der Bildfläche. Was ist passiert? Fiel sie in Ungnade? Trat sie, unter dem Namen "Semenchkare", als Mitregent ihres Gatten auf? Immerhin trug jener mysteriöse "Semenchkare", der sich archäologisch kaum fassen läßt, den gleichen Namen wie Nofretete: Nefer-neferu-aton. Oder war es gar der Versuch Nofretetes, sich nach dem Tode Echnatons gemeinsam mit ihrer ältesten Tochter Merit-Aton, als Pharao zu etablieren, ein Geschlecht weiblicher Pharaonen zu gründen, wie Christine El Mahdy vermutet? Wurde sie deshalb mit ihrer Tochter beseitigt von denen, die um die alte Ordnung fürchteten? Niemand weiß, was mit Nofretete geschehen ist, aber vermutlich ist sie einfach gestorben: Im 14. Regierungsjahr des Königs grassierte in Ägypten eine Pestepidemie, der vermutlich auch ein großer Teil der königlichen Familie zum Opfer fiel. Fest steht aber: Die Rolle der Nofretete in Ägypten war so bedeutend, daß sie mit Recht als erste Königin Ägytens bezeichnet werden kann.
